Einöde

Die Felder sind vertrocknet – hier ein Erbsenfeld, hoffnungsvoll gestartet.

Sachsen-Anhalt ist ganz anders als noch Thüringen es war. Das Land ist extrem stark geprägt durch die Landwirtschaft. Gigantische ehemalige LPG-Flächen, die heute in der Hand einzelner Großbauern sind, prägen das Bild.

Hügel oder Wälder, die ein wenig Abwechselung bringen würden, gibt es so gut wie gar nicht mehr zu sehen. Die extreme und lang anhaltende Trockenheit hat den Pflanzen massiv zugesetzt – das Korn ist vertrocknet, die Rüben lassen ihre Blätter hängen die nun flach am Boden liegen, das Gras ist allerorten braun und zeigt keinerlei Grün mehr. Es war ein sehr trostloses Bild für uns dort durchzufahren. Die eintönige Landschaft, die Hitze der vergangenen Tage, die flimmernde Luft und der Staub machten es für uns nicht leicht, die Fahrt zu genießen. Zu sehen gab es – außer erstaunlich vielen Vögeln – Nichts. Viele der Radwege, die als solche bezeichnet werden, haben mit Radwegen bestenfalls den Teer gemeinsam. Die Radwegeplaner haben es sich oft einfach gemacht und Radwegeschilder an den Landstraßen aufgestellt, die wir uns mit Pkw und Lkw teilen mussten da es keine separaten Spuren für Radler gab. Sind wir mal abseits der Hauptverkehrswege unterwegs gewesen, tauchten immer wieder gigantische Schweine- und Hühnermastbetriebe auf, deren Aussehen uns stark an Lager aus der Nazi-Zeit erinnerten. Mit NATO-Draht gesicherte Hallen, auf Volllast laufende Ventilatoren, ansonsten keine Geräusche. Kaum vorzustellen, unter welchen Bedingungen die armen Tiere dort nach einem erbärmlichen Leben ihren Tod erwarten.

Die Berlin-Flagge muss als Abstandshalter für den Pkw-Verkehr herhalten.

Trotz der Hitze haben wir gestern 60 Kilometer absolviert und einen tollen CP gefunden. Autos durften diesen nur zum Be- und Entladen befahren, was eine herrliche Ruhe mit sich brachte. Der Badesee bot eine perfekte Abkühlung, war sehr klar und angenehm temperiert. Unser Zelt bauten wir im Vorgarten der Chefin des CP auf. Diese wollte uns kennen lernen und hatte uns gefragt, ob wir mit diesem Standort für unser Zelt einverstanden sind. Abends lud sie uns zum Bier ein und wir mussten natürlich viele Fragen beantworten.

Kiki kühlt auf einem Friedhof ihre Füße bei Temperaturen über 30 Grad

Auch unterwegs kamen wir mit Menschen ins Gespräch – oft auf Friedhöfen, da wir dort unser Wasser nachfüllen konnten. Einkaufsmöglichkeiten haben wir in den Dörfern in der Regel nicht vorgefunden, so dass wir in der Hitze auf diese Wasser-Quellen angewiesen waren. So unterhielten wir uns z.B. mit einer 90-jährigen Frau, die mit ihrem Rollator den Friedhof besuchte, um das Grab ihres Mannes und ihres Schwiegersohnes zu wässern. Wir brachten ihr das Wasser und wässerten die Pflanzen, worüber die ehemalige Bäuerin sich sehr erstaunt zeigte. Sie erzählte von ihren vier Kindern, die alle im Dorf leben und insbesondere von ihrem Sohn, der mit in ihrem Haus wohnt und nichts für sie tut – stattdessen will er sie rausschmeißen. Auch der „verdammte Krieg“ und seine Folgen wirkte bei der alten Frau immer noch nach – so wie bei vermutlich allen, die diese Zeit erleben mussten.

Unterwegs in Halle

Von unserem CP, der nicht nur ausgesprochen schön gelegen war, sondern auch vielen netten Leuten Herberge bot, ging es dann heute Vormittag zunächst ca. 15 Kilometer nach Dessau. Dort sind wir in einen Zug nach Jessen an der Elster gestiegen, um von dort aus, nach weiteren 40 Kilometern Radeln, Ihlow zu erreichen. Hier wohnen Freunde von uns, bei denen wir etwas Zeit verbringen werden, bevor wir zu unserer vorerst letzten Etappe aufbrechen.

Mensch und Material sind die Spuren der Fahrt anzusehen. Hier das Schienbein von Peter inklusive geschwollenem Knöchel. Irgendein Vieh hat ein Loch reingebissen.

Beide wollen wir eigentlich noch nicht zurück in den Alltag, aber nach der langen Reisezeit und insbesondere aufgrund der Nähe zu unserem Zuhause wollen wir nun ankommen. Wir freuen uns auf unsere Wohnung, auf unsere Freunde und Nachbarn und insbesondere auf unsere Tochter Esther.

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