Weltmeister

Ein Kieswerk am Ufer des Main

Eins steht mal fest: Deutschland ist, was den Ausbau, bzw. das Vorhandensein von Radwegen angeht, jetzt schon Weltmeister.

Seit wir die deutsche Grenze überquert haben, tangiert uns der Autoverkehr nur noch in den Städten. Aber selbst dort sind überall Radwege vorhanden, so dass wir den Pkw’s oder Lkw’s kaum noch in die Quere kommen. Wir bewegen uns überwiegend an Flüssen entlang und fahren durch wunderschöne Landschaften. Dabei haben wir in den vergangenen Tagen auch unser erstes Mittelgebirge in Deutschland – den Odenwald – durchquert. Da sich der Anstieg auf 450 Meter Höhe auf eine Länge von fast 20 Kilometer erstreckte, war dies kein Problem. Der Abstieg war ähnlich lang, so dass es eine große Freude war, durch diesen bisweilen etwas unheimlich wirkenden, sehr dichten Wald zu fahren. Was es in Portugal, Spanien und Frankreich gar nicht gab: Allerorten stehen Bänke, selbst da wo man sie nicht erwarten würde. Immer wieder dabei auch Exemplare, die in der Gunst von Reisenden nicht gut abschnitten und offenbar seit Jahren nicht mehr genutzt wurden.

Auf ruhigen Wegen unterwegs im Odenwald

Enz, Neckar, Elz, Morre und Main – so lauten die Namen der Flüsse, denen wir bisher in Deutschland gefolgt sind. Manche sind schmal und romantisch dahin mäandernd, andere sind mächtige Ströme umgeben von ebenso imposanten Bergen und Felsen auf denen regelmäßig Burgen – oft in ruinösem Zustand – thronen. Immer begleiten wir diese Wasseradern auf den dem Radverkehr vorbehaltenen Wegen – die einzige Störung besteht hier meistens aus Jugendlichen, die verbotenerweise ihr Moped ausführen und der jungen Schönheit auf dem Rücksitz so demonstrieren, was für tolle Kerle sie sind.

Kiki guckt sich das Treiben in einer Schleuse des Main an

Wir waren es aus Portugal und Spanien gewohnt, dass Kuh- und Schafherden vor uns Reisaus genommen haben, kaum dass sie uns sahen. Offenkundig hatten sie Angst vor uns, weil sie so seltsame Geschöpfe auf lautlosen Fahrzeugen nicht kannten. Radfahrer sind in Baden-Württemberg und Bayern wohl bekannt, die Reaktionen der Leute verblüffen uns jedoch immer noch. Aus irgendeinem Grund, der uns nach wie vor rätselhaft erscheint, werden wir sehr oft nicht nur nicht wahrgenommen, sondern schlichtweg ignoriert. Seit Tagen rätseln wir darüber nach, ob eine allgemeine Ablehnung von Fremden, Schüchternheit, Unfreundlichkeit oder schlicht Desinteresse die Ursache ist. Guckt man jemanden an, guckt diese(r) weg, sagt man „Guten Tag“ gibt es keine Reaktion und wenn doch, dann bestenfalls ein rausgequetschtes „Grüß Gott“. Wir beide sind so ein Verhalten nicht gewohnt, kennen es höchstens von griesgrämigen Menschen auf die man immer mal trifft – derzeit beschäftigt uns diese Garstigkeit eigentlich täglich.

Abendstimmung an unserem Schlafplatz

Darüber hinaus haben wir natürlich auch freundliche Menschen kennengelernt. Meistens werden wir angesprochen von Leuten, die selbst gerne radeln und die uns und unseren Rädern ansehen, dass wir schon seit Wochen unterwegs sind. Seit kurzem taucht bei uns auch immer wieder der Gedanke an unsere Rückkehr nach Berlin auf. Die noch zu absolvierende Strecke erscheint uns kurz und wir bewegen uns recht schnell, da die Anstiege sich derzeit eher rar machen. Beide würden wir am liebsten weiterfahren, bis wir keine Lust mehr haben. Von diesem Gefühl sind wir immer noch weit entfernt…

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